Wasgau Die Kleinfläche neu erfunden

Wasgau erprobt mit einem neuen Konzept eine Lösung für Märkte in ländlichen Regionen. Der Wasgau Mini ist keine Schmalspur-Lösung, sondern berücksichtigt die Erfordernisse am jeweiligen Standort und setzt gezielte Akzente. Ein Besuch des Testmarkts in Breitenbach.

Freitag, 26. Februar 2021 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Die Kleinfläche neu erfunden
Die Basis-Sortimente Getränke und Mopro in verglasten Schränken.
Bildquelle: Wasgau, Alexander Münch

Kennen Sie Breitenbach? Wahrscheinlich nicht, schließlich sprechen wir über einen Ort mit nur 1.800 Einwohnern. Im Landkreis Kusel gelegen, direkt an der Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Genau hier erprobt Wasgau ein Pilotprojekt, das – bei Erfolg – bald in größerer Zahl realisiert werden soll. Die Rede ist vom „Wasgau Mini“, dem neuen Kleinflächenkonzept der Pirmasenser Handelskette.

Vorstandssprecher Ambroise Forssman-Trevedy erläutert, warum er dieses Konzept favorisiert: Wasgau betreibt in mehreren kleinen Städten Geschäfte, die in die Jahre gekommen sind. Die Standorte verfügen nicht über die größte Wirtschaftlichkeit – einfach, weil die Zahl der Einwohner im ländlichen Raum zu klein ist. „Andere Handelsunternehmen schließen diese Märkte, die Orte stehen dann ohne Supermarkt da“, weiß Forssman-Trevedy. Anders als seine Konkurrenten setzt der Vorstandssprecher auch nicht auf einen Verkaufsmarkt (fast) ohne Menschen, in dem man nur mit Karte bezahlen kann. Stattdessen soll „bei Wasgau weiterhin der Mensch im Mittelpunkt stehen“, sagt er.

Das Bäckerei-Café als lebendiger Treffpunkt eines kleinen Ortes
In Breitenbach ist im letzten Herbst ein Format an den Start gegangen, das auf kleiner Fläche die wichtigsten Wasgau-Elemente vereint: eine Bäckerei, Metzgerei, Frischeprodukte und Wein. Dabei ist das System modular aufgebaut: In Breitenbach steht die Bäckerei mit angeschlossenem Café im Mittelpunkt. In einem anderen Ort könnte es, je nach Bedarf, alternativ eine Metzgerei sein. Was hingegen nicht funktioniert, so der Sprecher: Das Sortiment einer großen Filiale so lange eindampfen, bis es auf einer Kleinfläche unterkommt. Dann würde sich der Mini zu wenig von den Discountern unterscheiden.

Brenda Kilian, Projektleiterin für Kleinflächen, erklärt, worauf es im Sortiment des Minis ankommt:

Vollsortiment mit 5.000 Artikeln im Mini präsentiert
Wichtig ist zum einen die Frische! Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch und Wurstwaren werden jeden Tag in den Markt geliefert. Der Markt bietet ein Vollsortiment von 5.000 Artikeln, die an den Standort angepasst sind. Zu den Besonderheiten zählen Honig von einem lokalen Imker, die Wasgau-Eigenmarken, Röstkaffees der Reismühle Kaffeemanufaktur aus dem benachbarten Krottelbach oder Mehl aus einer Mühle in Bischheim bei Kirchheimbolanden.

Wurstwaren, die für die Region typisch sind, stammen von der eigenen Wasgau-Metzgerei und der regionalen Metzgerei Braun.
Bio-Fleisch, das im Unternehmen grundsätzlich aus Deutschland stammt, wird in Selbstbedienung angeboten. Vorverpackt gelangen so auch Convenience-Produkte aus der Metzgerei nach Breitenbach, wie Cordon bleu oder verschiedene Pfannengerichte. Fürs gesamte Sortiment gilt: Wenn ein Kunde etwas vermisst, kann Marktleiterin Sabine Ruffing das Gewünschte bestellen und meist innerhalb eines Tages liefern lassen.

Ob das System des Minimarktes bald multipliziert wird? Zehn bis zwölf Wasgau-Märkte kommen laut Forssman-Trevedy dafür infrage. Doch bislang kann der Vorstandssprecher keine abschließende Aussage treffen, ob und wie der Kleine in Breitenbach vom Publikum angenommen wird.

Zwar entwickeln sich einige Abteilungen positiv. Aber das Zugpferd des Minis, die Bäckerei mit Café, war aufgrund des Corona-Lockdowns nur fünf Wochen geöffnet und die restliche Zeit geschlossen.

Deshalb will man abwarten, bis wieder ein Betrieb unter Normalbedingungen möglich ist, und dann eine Entscheidung treffen. „Es geht uns darum, Erkenntnisse zu gewinnen“, weiß Forssman-Trevedy, „eventuell werden wir das Konzept auch noch anpassen.“

Bis zum Herbst des laufenden Jahres lässt man sich bei Wasgau Zeit, um eine erste Bilanz zu ziehen.

Fakten im Fokus

446 qm Verkaufsfläche
14 Mitarbeiter, nur die Marktleiterin ist Vollzeitkraft
5.000 gelistete Artikel, darunter 300 in Bio-Qualität, 38 Lieferanten aus der Region, 5 davon lokal
Investitionen von über 1,1 Millionen Euro
26 Euro Durchschnittsbon
von montags bis samstags 8 - 20 Uhr, Bäckerei 7 - 17 Uhr


Schnell gelesen
Wasgau, Fürther Strasse 2, 66916 Breitenbach, RLP

  • Pilotmarkt für Wasgau-Kleinflächen
  • Neues Kühlsystem spart Energie
  • Herzstück ist die Bäckerei mit angeschlossenem Café
  • Tandemkasse (ein Möbel, zwei Bänder, zwei Kassen)
  • Tägliche Belieferung mit Frischware

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Platz sparen lautet die Devise im „Wasgau Mini“. Deshalb auch die Tandem-Kasse: ein Möbelstück mit zwei Kassen.
Bild öffnen Die Basis-Sortimente Getränke und Mopro in verglasten Schränken.
Bild öffnen Die Basis-Sortimente Getränke und Mopro in verglasten Schränken.
Bild öffnen Tiefkühlkost in Truhen mit Deckel, ein Anker im Sortiment.
Bild öffnen Morgens Frühstück, nachmittags Kaffee und Kuchen: Hier treffen sich die Kunden zum Plausch.
Bild öffnen Die Bäckerei ist Herzstück und Zugpferd des Marktes zugleich.
Bild öffnen Jeden Tag frisch geliefert: Obst und Gemüse, in einer eigenen Abteilung aufgebaut.
Bild öffnen Produkte aus der eigenen Wasgau-Metzgerei und der regionalen Metzgerei Braun findet man in Selbstbedienung.
Bild öffnen Vorstandssprecher Ambroise Forssman-Trevedy. „Weil die Menschen von hier uns wichtig sind“ – dieser Spruch ziert die Rückwand seines Büros.
Bild öffnen Projektleiterin Brenda Kilian bezeichnet den Mini in Breitenbach als „attraktiven Einkaufstreff“, dem weitere folgen sollen.