Zukunft der Marke Konkurrenz oder Symbiose

Wie entwickeln sich Hersteller- und Handelsmarken in der Zukunft? Die LP hat bei Branchenexperte Prof. Dr. Martin Fassnacht (Foto) nachgefragt.

Sonntag, 12. September 2021 - Management
Stefanie Aue
Artikelbild Konkurrenz oder Symbiose
Bildquelle: Anna Kaduk

LP: Herr Prof. Dr. Fassnacht, wenn wir Handels- und Herstellermarken vergleichen, wo stehen wir?
Fassnacht: Generell ist mein Eindruck, dass das Thema Markenmanagement bei Handelsunternehmen verstärkt strategisch angegangen wird. Sie professionalisieren und emotionalisieren ihre Handelsmarken auch stärker als früher. Starke Marken sind aus Verbrauchersicht hinsichtlich ihres Markenkonzepts sehr emotional. Einstiegsmarken sind das nicht so sehr. Die sind stärker funktional orientiert. Trotzdem muss man zugeben, dass zum Beispiel das Packaging und Design besser geworden sind als noch vor zehn Jahren. Die Händler machen da schon einiges, was sie früher nicht so stark gemacht haben. Edeka zum Beispiel mit der neuen Handelsmarke Vehappy. Ich glaube, bis auf wenige Ausnahmen werden die Eigenmarken im Durchschnitt jedoch nie auf das Preisniveau von Herstellermarken kommen. Auch wenn das Preisniveau weiter nach oben geht, aber die größte Anzahl der Eigenmarken ist nach wie vor im Preiseinstieg angesiedelt.

Das heißt, der Kunde verbindet Handelsmarken mit geringeren Ausgaben?
Im Preiseinstieg haben Eigenmarken das Image, dass sie günstig sind.

Was sind denn die Vorteile von Markenherstellern?
Markenhersteller managen Marken extrem professionell. Handelsunternehmen besitzen in der Regel kein Marken- oder Brand-Management – Herstellermarken hingegen schon. Das ist ja auch klar: ein Handelsunternehmen wie Rewe oder Edeka verkauft je nach Größe mehrere Hunderttausend Artikel, und sie können daher eine einzelne Marke nicht so professionell managen. Bei Herstellern steht dagegen pro Marke eine große Organisation dahinter. Das ist der Historie geschuldet, Marken kommen stark aus der Konsumgüterindustrie.

Was meinen Sie, wie geht es in Zukunft weiter?
Ich glaube, dass wir nach der Bundestagswahl in Deutschland eine höhere Arbeitslosigkeit beobachten werden. Verbraucher werden dann wieder mehr sparen, jetzt geben sie ja eher Geld aus. In der Zeit, wo viel geschlossen war, haben wir uns selbst verwöhnt und sind dann eher zu Supermärkten gegangen als zu Discountern. Daher werden die Discounter wieder Boden gewinnen. Discounter haben sehr starke Handelsmarken, mit höherem Anteil als Rewe oder Edeka. Discounter werden wieder an Umsätzen gewinnen, und damit werden auch die Handelsmarken wieder anziehen.

Und wie grenzen sich die Hersteller- von den Handelsmarken in Zukunft ab?
Ich gehe davon aus, dass das Direct-to-consumer-Geschäft zunehmen wird. Hersteller werden in Zukunft verstärkt direkt an den Kunden verkaufen. Das machen ja bereits einige Markenhersteller. Milupa können sie zum Beispiel direkt auf Milupa.de kaufen. Und die Oetker-Gruppe hat deswegen ja auch Flaschenpost gekauft, um ihre vielen Marken direkt an den Kunden zu liefern. Und das wird in nächster Zeit noch zunehmen, davon bin ich überzeugt.

Zur Person
Prof. Dr. Martin Fassnacht ist Direktor des Lehrstuhls für Strategie und Marketing sowie wissenschaftlicher Direktor des Zentrums für Marktorientierte Unternehmensführung an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf. Zudem berät er Konsumgüter-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen bei strategischen Fragestellungen.