Nutzfahrzeuge Die flinken Bringer

Sie sind klein und wendig wie ein Pkw, können aber fast eine Tonne Ladung schleppen. Die sogenannten Hochdachkombis sind echte „Nutz“-Fahrzeuge. Und: Sie werden immer praktischer – auch für den Einsatz im LEH.

Freitag, 28. Januar 2022 - Sortimente
Bernd Liening
Artikelbild Die flinken Bringer
Bildquelle: Mercedes-Benz

Vor einem Vierteljahrhundert feierte der Citroën Berlingo seine Weltpremiere und schuf damit eine neue Fahrzeugklasse: die der kompakten Hochdachkombis auf Pkw-Basis. Im Herbst 1996 wurde der Berlingo zunächst als Kastenwagen auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover und kurz darauf als Pkw-Variante auf dem Automobilsalon Paris präsentiert. Bis heute wurde er weltweit mehr als drei Millionen Mal verkauft und rangiert in Deutschland auf Platz zwei der ewigen Citroën-Zulassungsstatistik hinter dem 2CV, der legendären „Ente“. Der Erfolg des motorisierten Tausendsassas rief praktisch alle Wettbewerber auf den Plan, und so hat der Kunde heute die Qual der Wahl unter zahlreichen Marken.

Als preiswerte und vielseitige Kastenwagen mit großem Ladevolumen von bis zu 4,5 Kubikmetern haben die Kombis schnell Handel, Handwerk und Gewerbe erobert. Aufgrund der großen Konkurrenz in diesem Fahrzeugsegment überbieten sich die Hersteller bei der Modellpflege darin, den Gebrauchswert zu steigern. Ein Blick auf die aktuellen Modelle zeigt, dass zuletzt der Lieferservice in den Fokus rückte. So wurden die Seitentüren deutlich vergrößert, um das Entladen auf engen Parkräumen in der City so bequem wie möglich zu machen. Bei vielen Fahrzeugen wurden auch die Radstände so bemessen, dass eine Europalette dazwischenpasst. Und wie in modernen Pkw sorgt ein Arsenal an Assistenzsystemen für Komfort und Sicherheit beim Fahren und Rangieren in der Innenstadt.

Halbleitermangel bremst
Volkswagen Nutzfahrzeuge beispielsweise bezeichnet die neue platzsparende Hinterachse im aktuellen Caddy als ein „Highlight“. Denn damit können in der Lieferwagenversion Caddy Cargo jetzt zwei Europaletten verstaut werden. In der Maxi-Version mit langem Radstand lassen sich die Paletten wahlweise auch quer/quer oder quer/längs verladen. Eine quer verladene Palette passt im Maxi sogar durch die breite Seitenschiebetür. Neben den Diesel-Antrieben steht auch ein Benziner (1,5 l TSI) zur Verfügung. Nur zu kriegen ist der Caddy kaum, denn er ist laut VW besonders stark vom Halbleitermangel betroffen. Seine Auslieferungen gingen deshalb im vergangenen Jahr um 24,5 Prozent auf 85.200 Einheiten zurück. Die Auftragseingänge des neuen Caddy stiegen dennoch um 21,3 Prozent im Jahresvergleich – und warten darauf, abgearbeitet zu werden.

Im September 2021 hat Mercedes-Benz den Verkauf des neuen Citan gestartet. Der Kastenwagen hat ein Ladevolumen von bis zu 2,9 Kubikmeter und 782 Kilogramm Zuladung. Später soll es weitere Varianten mit langem Radstand geben. Weit öffnende Schiebetüren sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite und eine niedrige Ladekante erleichtern den Zugang. Ein Diesel in drei Leistungsstufen und ein Benziner in zwei Varianten bilden die Motorenpalette des neuen Citan zum Marktstart. Im zweiten Halbjahr 2022 soll dann auch der vollelektrische eCitan starten. Die Reichweite wird nach WLTP voraussichtlich bis zu 285 Kilometer betragen. Bei den Maßen des Laderaums und der Zuladung müssen laut Werk keine Abstriche gegenüber den konventionellen Modellen gemacht werden.

Ein alter Kämpe unter den Kompakten ist der Fiat Doblò Cargo. Zuletzt spendierte Fiat Professional (Stellantis) ihm ein paar neue Ausstattungspakete. Interessant für den Lieferservice ist das Paket „City“ mit Einparkhilfe hinten und Geschwindigkeitsregelanlage (Cruise Control). Eine Spezialität von Fiat sind die bivalenten Motoren, die wahlweise mit Erdgas oder Benzin arbeiten. In diesem Segment sind die Italiener mit Hunderttausenden verkauften Fahrzeugen in Europa Marktführer. Das aktuelle Angebot an Transportern der Natural-Power-Familie umfasst neben dem Doblò Cargo auch die Modelle Fiorino und Ducato. Ihr Ausstoß von CO2 liegt laut Fiat um rund 20 Prozent niedriger als beim Diesel.

Die dritte, 2018 vorgestellte Generation des Citroën Berlingo umfasst seit einigen Monaten auch eine Elektroversion. Der Kastenwagen ist mit einer Lithium-Ionen-Batterie (50 kWh) ausgestattet und bietet eine WLTP-Reichweite von maximal 278 Kilometern. Die Batterie ist im Chassis unter den Sitzen und der Ladefläche verbaut, wodurch das Laderaumvolumen von bis zu 4,4 Kubikmeter erhalten bleibt. Die Nutzlast beträgt bis zu 800 Kilogramm und die maximale Anhängelast 750 Kilogramm.

Elektroantrieb für die Stadt
Seit Herbst 2021 bietet auch Peugeot ein vollständiges Angebot an leichten Nutzfahrzeugen mit Elektromo‧tor an, den Kombi Partner sowie die Transporter Expert und Boxer. Das Ladevolumen des e-Partner von 3,8 Kubimeter bei der Standardversion (L1) und 4,4 Kubikmeter bei der längeren Version (L2) entspricht exakt dem Ladevolumen der Versionen mit Verbrenner. Die Nutzlast beträgt 800 Kilogramm. Für spezifische Anwendungen, etwa als Kühlfahrzeug, sind Umbauten möglich. Der neue e-Partner hat eine WLTP-Reichweite von bis zu 275 Kilometern.

Unter dem Stellantis-Dach hat Opel seinen Transportern Vivaro und Movano sowie dem Kastenwagen Combo ebenfalls einen Elektroantrieb spendiert. „Bei voller Funktionalität und uneingeschränktem Ladevolumen verglichen mit den konventionellen Varianten“, wie man betont. Schon mit den konventionellen Antrieben läuft es in den Opel-Transporterwerken rund: In den ersten elf Monaten des Jahres 2021 stieg der Absatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum europaweit um 12,1 Prozent auf knapp 100.000 Einheiten. In Deutschland lag das Absatzplus bei neun Prozent, in Frankreich sogar bei 25 Prozent. „Unsere leichten Nutzfahrzeuge haben ihr volles Potenzial noch lange nicht ausge‧schöpft“, sagt Opel-CEO Uwe Hochgeschurtz. „Dass sie jetzt alle batterie-elektrisch für emissionsfreien Transport verfügbar sind, wird uns weiteren Schub geben.“

Im Sommer 2021 hat Renault die dritte Generation des Kangoo vorgestellt. Neben drei Dieselmotoren stehen drei Benziner zur Auswahl. Auch Renault hat bedacht, dass das Öffnen der Türen auf engen Parkräumen in der Stadt schwierig ist, und dem neuen Kangoo eine 1,45 Meter breite seitliche Ladeöffnung verpasst. Der Laderaum fasst 3,9 Kubikmeter, ist europalettentauglich und erlaubt 741 Kilogramm Zuladung. Das Spektrum an Fahrerassistenzsystemen für die neue Generation des Kompakttransporters entspricht dem der aktuellen Pkw-Modelle von Renault. Neu ist der Totwinkelassistent.

Ein Newcomer unter den kompakten Transportern ist der Townstar von Nissan. Ihn gibt es vom Start weg mit vollelektrischem und Benzinantrieb. In den Kastenwagen mit 3,9 Kubikmeter großem Laderaum passen zwei Europaletten und 800 Kilogramm Ladung. Darüber hinaus kann er bis zu 1,5 Tonnen Anhängelast an den Haken nehmen – in dieser Klasse rekordverdächtig.

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